Pilze selber züchten: Bereit für ein neues Hobby?
Speisepilze sind eine super Eiweißquelle – nährstoffreich, kalorienarm und dank ihrer Aromenvielfalt eine Bereicherung für die Küche. Wie schön, dass wir die meisten Pilze wie Champignons, Kräuterseitlinge, Austernpilze und Shiitake auch selber züchten können. Das ist gar nicht schwierig und beschert ganzjährig reiche Ernte. Sogar Sorten wie Affenkopf oder Pioppini, die man im Supermarkt meist vergebens sucht, sprießen daheim ganz prächtig.
Tipp: Selbst gezogenes Gemüse schmeckt einfach besser, ist gesünder – und biologisch obendrein. Wie leicht die ersten Schritte sind, zeigt der BAUHAUS Ratgeber „Reiche Ernte“.
Pilze selbst anbauen: Im Bad und auf dem Balkon
Im Wesentlichen braucht es drei Dinge für die Zucht:
Pilze mögen es schattig, eher feucht und warm. Für Champignons ist beispielsweise ein kühler, dunkler Keller ideal. Andere, etwa Shiitakepilze, nehmen gerne mit dem Bad oder der Küche vorlieb. Aber auch Garten, Terrasse oder Balkon können als Farm dienen - Hauptsache, der Platz liegt nicht in der Sonne.
Die meisten Zuchtpilze wachsen auf Materialien, die sie abbauen können, wie Stroh, Holz-Pellets, Sägemehl, unbehandeltem Holz und sogar Altpapier. Ein Baumstamm passt gut auf Balkon oder Terrasse, ein Strohballen besser in den Garten. Die Pilzbrut selbst zu züchten, ist aufwendig. Leichter ist es, Fertigsets zu kaufen, die bei zahlreichen Online-Anbietern erhältlich sind.
Pilzbrut oder -kultur gibt es als Substrat, das mit Sägemehl oder Holz-Pellets vermengt wird, oder als eine Art Dübel, den man dann in Strohballen oder Baumstamm einbringt. Ist alles da, heißt es nur noch: feucht halten und warten. Es kann einige Wochen dauern, bis sich das Myzel, das unterirdische Geflecht, entfaltet. Dann aber wird man auf einmal mit sprießenden Fruchtkörpern belohnt. Nach der Ernte mit einem sauberen Messer (nicht herausrupfen, sonst geht das Myzel kaputt) treiben die Pilze noch drei- bis viermal aus.
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Kräuterseitling: Sein dickfleischiger Fruchtkörper strotzt vor Aroma
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Weißer Champignon: Je später die Ernte, desto intensiver sein Geschmack
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Enoki: Die samtigen Pilze schmecken auch roh köstlich
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Pioppini: Der sogenannte Pappelpilz hat ein herrliches Waldaroma
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Attenkopf: Er gilt in China und Japan als Heilpilz, wird auch Igelstachelbart genannt
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Toskana-Pilz: Heißt auch Japanisches Stockschwämmchen und hat ein süßlich-nussiges Aroma
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Shiitake: Wird seit über 2000 Jahren kultiviert, schmeckt würzig und intensiv
Bei der Pilzzucht gilt: Gedulden und regelmäßig gießen
Ralph Haydl züchtet mit seinem Startup „Pilzpaket“ Pilze auf Kaffeesatz. Was als Experiment begann, ist inzwischen zu einem florierenden Unternehmen geworden.
BAUHAUS: Alter Kaffee als Pilzbrut: Wie kommt man denn darauf?
Ralph Haydl: Ich wollte schon immer Pilze züchten. Im Internet gibt es haufenweise Videos und Anleitungen. Dort stieß ich auf Kaffeesatz. Das fand ich super: Man lässt neues Food entstehen, indem man ein altes verwertet. In der Natur gibt es quasi keine Abfallprodukte, daran können wir uns ein Beispiel nehmen.
Sie bieten Pilzpakete an, die aus einem Karton bestehen, der mit Kaffeesatz gefüllt ist, aus dem dann verschiedene Sorten Austernpilze wachsen.
Genau. Im Kaffeesatz ist bereits die Pilzbrut. Zu Hause muss man den in Folie eingeschweißten Kaffeesatz nur noch wässern und eine kleine Öffnung hineinschneiden. Das zeige ich alles in meinen Videos. Man braucht einen eher dunklen, um die 20 Grad warmen Platz, etwa oben auf den Küchenschränken. Dann muss man sich gedulden und regelmäßig gießen. Nach zwei bis fünf Tagen beginnen die Pilze zu sprießen, nach zehn bis 14 Tagen kann man ernten.
Etwas wachsen zu sehen, erklärt wahrscheinlich auch die Faszination, oder?
Klar, das ist schon toll: Morgens geht man zur Arbeit und abends haben sich die Fruchtkörper fast verdoppelt.
Woher kommt denn der Kaffeesatz, und warum schwören Sie auf Austernpilze?
Den Kaffeesatz hole ich von einigen Nürnberger Cafés, die mit mir kooperieren. Alle zwei Tage komme ich mit meinem Eimer vorbei und befreie sie von ihrem Abfall. Austernpilze sind einfach super geeignet, weil sie so etwas wie die Müllabfuhr der Natur sind. Sie zersetzen Totholz und halten so den Wald sauber. Und im Kaffeesatz ist Lignin enthalten, das sich auch im Holz befindet. Zudem wachsen Austernpilze schnell.
Und wie oft kann man ernten?
Zwei- bis dreimal. Und danach kann man das Myzel mit frischem Kaffeesatz versetzen, und der Spaß geht von vorne los.
Pilze: Eine Klasse für sich
Pilze bilden neben Tieren und Pflanzen das dritte eigene Reich zellkerntragender Lebewesen. Der Fruchtkörper aus Stamm und Kappe ist nur ihr kleinster Teil. Der Großteil des Pilzes wächst unterirdisch – in einem weitverzweigten System, dem Myzel. Forscher gehen davon aus, dass das Pilzmyzel nicht nur ein Versorgungswerk, sondern auch eine Kommunikationszentrale ist, die im Wald vor Fressfeinden warnt oder über Wasserquellen informiert.
Pilze betreiben keine Photosynthese wie Pflanzen und können nicht selbst Energie produzieren. Die gewinnen sie, indem sie Streu und Totholz abbauen oder eine Symbiose, also eine Art Lebensgemeinschaft mit Pflanzenwurzeln eingehen. Das Myzel liefert Stickstoff und Phosphor für das Pflanzenwachstum, im Gegenzug gibt’s Zucker aus der Photosynthese.