Social Design Award 2020
Unsere Gesellschaft driftet immer mehr auseinander, die soziale Ungleichheit nimmt zu. Doch es gibt Menschen, die mit ihrem Engagement den Zusammenhalt fördern, die ehrenamtlich andere unterstützen: Sie lesen Kindern aus bildungsfernen Familien vor, verteilen Suppe an Obdachlose, gründen Nachbarschaftstreffs oder schaffen grüne Inseln, für Spiel, Erholung und Natur. Oder. Oder.
Gemeinsam sind wir stark
"Gemeinsam sind wir stark" lautet in diesem Jahr das Thema des Social Design Award, den SPIEGEL Wissen, in Kooperation mit BAUHAUS, damit zum siebten Mal ausrichtet. Gesucht wurden die besten Ideen und Projekte, die ein besseres Miteinander in unserer Gesellschaft zum Ziel haben.
Rund 150 Beiträge wurden beim diesjährigen Social Design Award eingereicht, zehn haben es auf die finale Shortlist der Jury geschafft. Am 10. November 2020 werden nun die Gewinner bekannt gegeben, die sich über den mit 2.500 Euro Preis freuen dürfen.
So lief der Wettbewerb ab
Aus den eingesendeten Beiträgen hat die Jury die besten Ideen ausgwählt. Diese wurden Ende September 2020 auf SPIEGEL.de vorgestellt. Die Leser konnten dort ihren Favoriten wählen. Die Gewinner geben wir am 10. November in SPIEGEL Wissen 4/2020 und auch auf SPIEGEL.de bekannt.
Die Gewinner aus dem Jahr 2019
Publikumspreis: Hebammenhaus in Ghana
Mitten im Dschungel von Ghana, an der Grenze zu Togo, zieht sich an einer Durchgangsstraße das Dorf Havé entlang. 8000 Menschen leben hier, die Hälfte davon sind Kinder. Schon deshalb ist die Geburtsstation das Herzstück von Havé. Der Einzugsbereich ist groß, weshalb viel Geburtshelferinnen gebraucht werden. Diese haben selbst Familien, und das war das Problem: Es gab keinen Wohnraum für diese Familien, weshalb die Hebammen jahrelang getrennt von Mann und Kindern lebten. Auf Initiative des Kölner Vereins Meeting Bismarck e.V. entwarf und baute eine Gruppe von rund 50 deutschen und us-amerikanischen Studenten, deutschen Handwerksauszubildenden und ghanaischen Berufsschülern eine Hebammenschule und ein Wohnheim mit vier Einheiten von jeweils 30 Quadratmetern mit eigener Küche, Wohnraum und sechs Schlafplätzen. Der Entwurf greift auf die traditionelle „Compound Siedlung“ zurück, in der die Familien in engem Zusammenschluss rund um eine gemeinsame Fläche wohnen, und ist mit seinem passiven Klimakonzept konzipiert für die schwierigen Bedingungen im Dschungel.
Jurypreis: Affordable Palace
„Affordable Palace verwandelt den Royal Palace in eine innovative Co-Living-Struktur“, so heißt es nüchtern in der Beschreibung des Projekts. Doch dahinter versteckt sich eine revolutionäre Idee: Der Buckingham Palace in London soll um sechs Etagen aufgestockt werden und Wohnraum für 50.000 Menschen bieten. Dass die Queen & Co. 775 Zimmer und 79 Bäder für sich beanspruchen, halten die jungen Architekten des Münchner Büros Opposite Office nicht mehr für zeitgemäß in Zeiten von Wohnungsknappheit und Mietpreisexplosion. Ihr Entwurf sieht Cluster vor, in denen sich private Schlafräume um gemeinsame Ess- und Wohnzimmer gruppieren. Flexible Trennwände ermöglichen flexible Lebens- und Wohnmodelle. Natürlich soll auch der Mietpreis gedeckelt werden, und zwar bei acht Euro pro Quadratmeter. Eine effiziente Planung macht es möglich, dass nur relativ wenig Fläche für Flure und Treppenhäuser verbraucht wird. Die Architekten wissen natürlich, dass ihre Idee eine Idee bleiben wird. Sie möchten aber mit „Affordable Palace“ einen provokanten Beitrag zur Diskussion über das Recht auf Wohnraum und soziale Gerechtigkeit leisten.
Sonderpreis: Hinterhof-Dinner
Ein Sonderpreis – dotiert mit einem BAUHAUS Einkaufsgutschein im Wert von 1.000 Euro – geht an den Leipziger Verein Kollektiv Plus X und seine Idee „Hinterhof-Dinner“: „In größeren Wohnblocks wohnen Menschen Tür an Tür und kommen doch nie ins Gespräch“ - diese Beobachtung war Startpunkt für das „Hinterhof-Dinner“. Weil gemeinsames Essen Menschen miteinander in Verbindung bringt, kam der Leipziger Verein Kollektiv Plus X auf die Idee, gemeinsam mit einem Hausbewohner Nachbarn zum Dinner einzuladen. Und zwar im Hinterhof, wo dann in einer mobilen Küche gemeinsam gekocht wird. Ziel ist, dass alle sich in eine Kontaktliste eintragen, damit sie auch Kontakt halten können. Denn aus einer anonymen Nachbarschaft werde dann "ein Netzwerk mit gemeinsamen Interessen". Der Verein hat unter anderem schon mit der Bespielung von Brachen auf sich aufmerksam gemacht. Es bewegt sich mit seinen Aktionen „an der Schnittstelle von Kunst, Raumplanung, Design und Sozialer Arbeit“.