Die Lego-Oma: Rita Ebel baut Rollstuhlrampen aus Spielsteinen

Sie ist querschnittsgelähmt und hat in Sachen Barrierefreiheit eine besondere Mission: Rita Ebel baut Rollstuhlrampen für Hauseingänge und Bürgersteige – aus Lego-Steinen.


Rita Ebel

"Aus Erfahrung kann ich sagen: Die Rampen sind super!"
Rita Ebel, die „Lego-Oma”


Ihre Lego-Rampen liegen in über 30 deutschen Städten

Rollstuhlrampe mit Muster

Rita Ebel liebt Lego. Doch die 64-Jährige aus Hanau baut keine Ritterburgen, Star-Wars-Raumschiffe oder Reiterhöfe. Sie baut knallbunte Rampen aus gespendeten Lego-Steinen. Rampen, die Rollstuhlfahrern, Menschen mit Rollatoren oder Eltern mit Kinderwagen das Leben erleichtern. Manchmal ermöglichen es ihre Werke überhaupt erst, ein Geschäft zu besuchen, das vorher durch Stufen für manche Menschen unerreichbar war.

Ritas Rampen liegen bereits in über 30 deutschen Städten. Dazu finden sich auch sechs im Ausland. So führt eine Rampe in ein Tattoo-Studio im italienischen Turin, knallgelb mit einem Kreuz, einem Herz und einem Anker. Eine weitere liegt in Paris, und seit Kurzem gibt es auch eine auf der Kanareninsel Fuerteventura.


In Hanau ist die Begeisterung groß

Rita Ebel baut eine Rollstuhlrampe

Die Geschichte der „Lego-Oma“ beginnt Anfang 2019. In einem Magazin für Querschnittgelähmte liest Rita Ebel von Corinna Huber aus Bielefeld, die bereits Lego-Rampen baut. Die Idee gefällt ihr. Seit einem Autounfall vor 27 Jahren ist Rita Ebel selbst querschnittgelähmt und auf den Rollstuhl angewiesen.

Rita Ebel nimmt Kontakt zu Corinna Huber auf – und macht das Vorhaben bei „Menschen in Hanau“ bekannt, einer Initiative für gelebte Vielfalt. Zu diesem Zeitpunkt gibt es neben Huber noch einige weitere Lego-Rampenbauerinnen und -Rampenbauer in Deutschland. Mit Ebels Engagement erhält das Thema jedoch weltweit Aufmerksamkeit.


Den Spitznamen verdankt sie ihrer Enkelin

Rita Ebel baut eine Rollstuhlrampe

Zunächst ist es zäh, Steine zu beschaffen. Oft sind sie in Kellern oder auf Dachböden vergraben oder haben für die Leute so einen großen sentimentalen Wert, dass sie sie nicht hergeben möchten. Ebel gründet eine Facebook-Gruppe, treibt das Vorhaben in ihrer Heimatstadt voran. Wie viele Menschen sie damit einmal begeistern und inspirieren wird – davon hat sie zu diesem Zeitpunkt noch keine Vorstellung.

Rita Ebel wird zur „Lego-Oma“. Den Namen verdankt sie ihrer Enkelin. Die beschwerte sich einst, dass es bei jedem Besuch nur um Lego gehe. Ihre Mutter, Rita Ebels Tochter, antwortete: „Na, Du hast eben eine Lego-Oma“ und richtete kurzerhand einen entsprechenden Instagram-Account ein. Heute hat Ebel hier über 8.000 Follower (Stand: Februar 2022).


Gut 40 Arbeitsstunden für eine Lego-Rampe

Rita Ebel verklebt Lego-Bausteine

Längst ist die Rentnerin nicht mehr allein mit dem Bau der Rollstuhlrampen beschäftigt. Neben ihrem Mann und ihrer Tochter helfen weitere Personen ehrenamtlich mit, denn die Anfragen aus allen Ecken Deutschlands und dem Ausland reißen nicht ab.

Mehr als 1,3 Tonnen Lego-Steine hat die Hanauerin bislang zu rund 65 Rampen verbaut. Gute 40 Arbeitsstunden stecken in einer der bis zu 26 Kilogramm wiegenden Rampen – und ein Materialwert von mehreren hundert Euro.

Eigentlich müssten ihre Rampen unbezahlbar sein. Doch Rita Ebel verlangt kein Geld dafür. Gebaut wird ausschließlich mit gespendeten Steinen. Darum sollen die Rampen auch der Allgemeinheit dienen. Fast alle stehen im öffentlichen Raum und ermöglichen den Zugang zu

  1. Kindergärten und Restaurants,
  2. Friseursalons und Kirchen,
  3. Lebensmittelläden und Bekleidungsgeschäften.


Das Thema Barrierefreiheit sichtbar machen

Rita Ebel baut eine Rollstuhlrampe

Rita Ebel geht es bei ihrer Mission nicht nur darum, alltägliche Hindernisse zu überwinden. Die Rampen sollen zugleich auf die Thematik aufmerksam machen. Ihr Plan geht auf.

Und noch wichtiger: Auch vielen gesunden Menschen falle durch ihre bunten Hingucker erstmals auf, wo im Alltag überall Hürden und Barrieren lauern. Den mahnenden Zeigefinger will sie dabei nicht heben: „Ich baue eben lieber bunte Auffahrten statt Beschwerdebriefe an die Stadtverwaltung zu schicken.“


Häufige Stolperfalle: Die deutsche Gesetzeslage

Rollstuhlrampe mit Muster

Wenn sie erzählt, sprüht ihre Begeisterung für die Sache aus jedem Satz. Ihr quirliges Wesen und ihren Tatendrang kann sie nicht verstecken. Will sie auch gar nicht. Daran haben ihr Unfall und der Rollstuhl nichts geändert. „Ich hätte das auch nicht gedacht, aber das Leben im Rollstuhl ist genauso schön wie vorher. Es ist einfach nur anders.“

Einer Stolperfalle begegnet sie indes immer wieder: der deutschen Gesetzeslage. Die Rampen sind keine zertifizierten Hilfsmittel und daher eigentlich nicht zugelassen. „In Hanau ist das zum Glück kein Problem. Die Stadtverwaltung stand sofort hinter dem Vorhaben.“ In anderen Städten sähe das leider anders aus. Dort würden die Rampen manchmal gar nicht erlaubt.


Solange Steine gespendet werden, wird gebaut

Lego Rollstuhlrampe

Aber mittlerweile hat Rita Ebel schon viele Städte motiviert. Ihre Lösung: Geschäfte, die eine Rampe aufstellen, weisen darauf hin, dass die Nutzung auf eigene Gefahr geschieht. „Aus Erfahrung kann ich sagen: Die Rampen sind super. Sie sind sehr griffig, und selbst bei Regen kann zwischen den Noppen der Steine das Wasser gut abfließen.“

Wie viele Rampen sie noch fertigen möchte? „Solange wir Steine gespendet bekommen, bauen wir!“ ...Und Ihr Wunsch für die Zukunft?... Eine beleuchtete Rampe. „Wir haben dafür schon viele transparente Steine gesammelt, die wir von unten beleuchten könnten“, sagt sie. „Am schönsten wäre es, eine solche Auffahrt für ein Restaurant zu bauen, das auch abends offen hat.“ Dann würde ihr Einsatz für die Barrierefreiheit noch mehr Strahlkraft haben.


Lego-Steine gesucht!

Lego Auswahl

Noch Lego im Keller oder auf dem Dachboden? Dann spenden Sie die Steine einfach an Rita Ebel! Interessenten melden sich am besten per E-Mail an [email protected]


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