Früher entwarf er Autos, heute baut Stefan Seiffert Seifenkisten – für Profis, die Rennen fahren, aber auch für Kinder. Und allen, die selber schrauben wollen, verkauft er Seifenkisten als Bausätze.
Fotos: Nele Martensen
"Ich werde Phantasiekarossen bauen, angelehnt an Sportwagen oder legendäre Autos aus Filmen."
Stefan Seiffert, Seifenkisten-Designer
Vom Auto zur Seifenkiste
Stefan Seiffert hatte schon immer ein Herz für Autos und alles, was mit Autos zu tun hat. Und ein großes Herz für Kinder hat der Designer aus dem Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg auch.
Da liegt es nahe, beide Vorlieben zu kombinieren – und genau das hat der sympathische Kreative jetzt getan: Stefan Seiffert baut Seifenkisten. Sowohl Rennmaschinen für Profis als auch kleinere Modelle für Kinder ab sieben Jahren. Außerdem entwickelt der Mann, der das Tempo liebt, außergewöhnliche Tretautos.
Bei Rennen die Schnellsten
Früher war Seiffert ein gefragter Spezialist in der Autoindustrie und hat beispielsweise das Swatch-Auto entworfen, aus dem Mercedes dann den Smart entwickelt hat. Nach einigen Jahren beschloss er, sich selbständig zu machen.
Als großer Fan von Geschwindigkeit und Wettrennen war es sein Ehrgeiz, schnelle und besonders schöne Seifenkisten zu bauen. Ein Ziel, das er längst erreicht hat.
Zwei Einbuchtungen rechts und links neben dem Einstieg sind Seifferts Erfindung. Sie verringern den Luftwiderstand und könnten das motorfreie Mobil noch weitaus schneller machen als die 80 Stundenkilometer, die bei Rennen erlaubt sind. Seiffert-Kisten sind die Ferraris der Szene.
Stempelbremse und Lenkung
Wer sich in eines dieser stromlinienförmigen Fahrzeuge setzt oder besser gesagt legt, sollte nicht zu dick sein, nicht größer als 1,85 Meter und vor allem weder Klaustrophobie noch Riesen-Füße haben. „Ab Schuhgröße 46 ist Schluss, dann wird es zu eng“, erklärt Seiffert.
Die Lenksäule, durch ein Drahtseil mit dem Lenker verbunden, versteckt sich im Inneren. Dazu eine Stempelbremse, das war’s. 100 Jahre alte Technik plus Hightech von heute, aber das ist Seifenkisten-Ehre und Vorschrift von 1928. Fünf dieser Rennkisten hat er gebaut.
„Es gibt kaum professionelle Seifenkisten-Rennfahrer“, so Seiffert. Kinder und Väter, die sich für Seifenkisten begeistern können, gibt es dagegen in großer Zahl.
Für jeden Käufer das richtige Modell
Als sein Sohn vor einem Jahr geboren wurde, kam Seiffert die Idee, Seifenkisten für Kinder zu bauen. Bezahlbare Objekte aus Holz, keine Rennmaschinen.
Und so entwickelt er jetzt motorfreie Mobile in vier Varianten. Das Highend-Modell für Fahrer ab 14 Jahre oder für Erwachsene erreicht bei Rennen die erlaubten 80 km/h. Für Seifenkisten-Amateure ist die ebenfalls nach allen Rennregeln gebaute, etwas weniger rasante Sportkiste gedacht, mit der Kinder zwischen 7 und 14 Jahren an Rennen teilnehmen können.
„Gleichzeitig entwickle ich Spaß-Seifenkisten, die auch als Bausatz zu kaufen sein werden“, sagt Seiffert. „Die können die Käufer dann nach eigenem Geschmack selbst lackieren oder einfach nur mit Hartöl versiegeln.“
Filmreife Traumautos
Selbstbaumobile der Kategorie 4 in Seifferts Angebot sind eigentlich keine Seifenkisten, sondern Tretautos. Wobei der Begriff „Tretautos“ die kleinen Wunderwerke gar nicht richtig beschreibt.
Eher sind es Traumautos im Kleinformat, die wie ein Liegerad funktionieren. „Ich werde Phantasiekarossen bauen, angelehnt an Sportwagen oder legendäre Autos aus Filmen“, so Seiffert. Auch einen Trabi-Lookalike soll es als Tretauto geben.
Kleinwagen fürs Leben
Seiffert verschwindet in seinem Hallen-Atelier zwischen bunten Kunstobjekten, Möbeln und Mitbringseln aus aller Welt und kommt mit einer 1,70 Meter langen Glasfaser-Karosse zurück. „Das wird ein Tretauto, angelehnt an den Jaguar.“ Ein Vater hat ihn für seinen Sohn bestellt. „Der ist so stabil, den kann man auch vererben.“
Seifferts Fahrobjekte sind alle kleine Kunstwerke. „Die werden durchnummeriert, das ist keine Plastik-Massenware“, sagt der Designer.
Sein Sohn wird später auch so einen Kleinwagen bekommen. „Damit kann er dann durchs Wohnzimmer fahren, das habe ich mir als Kind auch immer gewünscht.“
Wissenswertes rund um Seifenkisten
Wie die Seifenkiste nach Deutschland kam
US-Truppen brachten den Seifenkisten-Sport nach dem Zweiten Weltkrieg nach Deutschland. 1949 gab es direkt die erste Deutsche Meisterschaft.
1951 begann die goldene Ära der Seifenkisten, da Opel als Hauptsponsor einstieg. Rennsieger gewannen mehrwöchige USA-Reisen zu Seifenkisten-Großereignissen. Dazu gehörte das All-American Soap Box Derby, zu dem schon mal 55.000 Zuschauer anreisten.
Was die Kisten heute können
Derzeit veranstaltet der Deutsche Seifenkiste Derby e.V. (DSKD) etwa 50 Rennen im Jahr in Deutschland. Die Rennregeln des DSKD legen vieles fest – darunter, wie viel die Seifenkiste mit Fahrer in den einzelnen Fahrzeugklassen wiegen darf.